Autorinnenzeit – Liselotte Welskopf-Henrich
Im Zweiten Weltkrieg ist Liselotte Welskopf-Henrich Widerstandskämpferin. Danach führt sie in der DDR ein Doppelleben als habilitierte Althistorikerin einerseits und Schriftstellerin kulturell und historisch (relativ) authentischer „Indianerromane“ andererseits. Ihre wichtigsten Werke sind Die Söhne der großen Bärin und Das Blut des Adlers. Sie setzt sich in den USA auch aktiv für Native Americans ein.
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Dieser Beitrag erschien zuerst bei Frauenleben.
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Geboren wird Elisabeth Charlotte Henrich am 15. September 1901. Ihre Mutter ist liebevoll, aber streng, ihr Vater ein überzeugter Demokrat, Rechtsanwalt und Versicherungsdirektor. Er stirbt früh, sodass Liselotte, die an der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität Ökonomie, Geschichte und Philosophie studiert und 1925 promoviert, sich und ihre Mutter durchbringen muss. Sie findet eine Stelle im Statistischen Reichsamt, doch als die Nazis an die Macht kommen und Liselotte sich weigert, in die NSDAP einzutreten, ist es mit jeder Art Karriere, auch der wissenschaftlichen bzw. akademischen, erst einmal vorbei.
Widerstand im Zweiten Weltkrieg
Liselotte wird im Widerstand aktiv und lernt dadurch Rudolf Welskopf (1902–1979) kennen, der als überzeugter Kommunist wiederholt eingesperrt und zur Zwangsarbeit herangezogen wird. Sie kann ihm, dem harten, klugen Mann mit dem Spitznamen „der Inka“, zur Flucht aus dem KZ Sachsenhausen verhelfen und versteckt ihn bei sich. Sie verteilen gemeinsam Flugblätter und helfen beim Lebensmittelmarkenschmuggel. Später schreiben sie über diese Zeit gemeinsam das Jungenbuch Jan und Jutta.
Der harte, kluge Mann wird ganz weich, wenn es um seine geliebte Liselotte geht, und so heiraten sie 1946 und bekommen 1948 einen Sohn, Rudolf – da ist Liselotte schon 47 Jahre alt. Gleichzeitig beteiligen sie sich von Ostberlin aus enthusiastisch am Wiederaufbau. Beide treten in die SED ein und sind und bleiben vom Kommunismus überzeugt; mit den Jahren enttäuscht sie jedoch die praktische Umsetzung.
Nun doch noch eine wissenschaftliche Karriere
Ihr Mann arbeitet als Polizei-Reviervorsteher, Amtsbezirksleiter und im Baustoffhandel, baut einen Bergungsbetrieb für Schrott und andere Wertstoffe mit auf und ist schließlich Verwaltungsleiter bei der Reichsbahn-Bau-Union. Währenddessen ist Liselotte ähnlich umtriebig in der Bezirksverwaltung tätig, bewirbt sich gleichzeitig wieder als Althistorikerin an der Universität, ist dort ab 1952 Dozentin und habilitiert 1960 zum Thema „Probleme der Muße im alten Hellas“. Sie wird das erste weibliche ordentliche Mitglied der Deutschen Akademie der Wissenschaften, organisiert und publiziert wichtige Bücher zum alten Griechenland. Dafür erhält sie den Nationalpreis der DDR, den Vaterländischen Verdienstorden in Bronze, dann in Silber, die Pestalozzimedaille und den Orden „Banner der Arbeit“ und wird als Verdienter Wissenschaftler des Volkes (ja, in männlicher Form) ausgezeichnet. Sie veröffentlicht übrigens unter dem Namen Elisabeth Charlotte Henrich.
Auf ihre Titel und Auszeichnungen ist sie zurecht stolz, auch wenn sie äußerlich bescheiden bleibt. (Nur Taxi fährt sie gern.) Sie wohnt mit der Familie am Rande des Treptower Parks und hält sich ein paar recht aggressive Schäferhunde.
Sie gilt als Workaholic und isst Kaffeepulver, um wachzubleiben. Ihre Kolleg:innen, deren Arbeitsstellen sie auch schon einmal mit ihrem eigenen Geld finanziert, bewundern sie für ihr Durchsetzungs- und Durchhaltevermögen.
Doch die wissenschaftliche Arbeit ist für Liselotte Welskopf-Henrich nicht genug.
Ihr Kindheitstraum: Schriftstellerin werden
Schon als 10-Jährige wollte sie Schriftstellerin werden (Althistorikerin übrigens auch). Ihre Lieblingslektüre war „Indianerliteratur“ – James Fenimore Cooper mit seinem Lederstrumpf, die unzähligen Abenteuer-Heftromane, die damals in Mode waren, und auch Karl May. Wobei sie den heimlich las, weil ihre Mutter es als unangemessen empfand, dass May im Gefängnis gesessen hatte.
Schon als 10-Jährige reichte es ihr nicht, nur über die Native Americans und deren romantisierte Vergangenheit zu lesen. Als sie einmal von ihrer Mutter hörte, dass gerade in Mexiko ein Stamm der Native Americans von der Regierung unterdrückt wurde, schrieb sie einen Brief an den „Präsidenten von Mexiko in Mexiko“ und erhielt sogar eine Antwort: Er würde seine Truppen anweisen, menschlich vorzugehen. Allerdings wurde er bald selbst erschossen.
Doch diese Anekdote zeigt, welche Themen Liselotte Welskopf-Henrich ihr ganzes Leben begleiten.
Exkurs: Deutschland und seine „Indianer“
Auch in anderen europäischen Ländern sind „Indianergeschichten“ und „Indianerfilme“ beliebt, doch die Deutschen scheinen eine ganz besondere Affinität zu den Native Americans zu verspüren. Sie gründen sogar Klubs und verkleiden sich samt Mokassins und Federschmuck.
Laut Forschung liegt das daran, dass sich die Deutschen des 19. Jahrhunderts (der erste Winnetou-Band wurde 1893 veröffentlicht) in ihren winzigen Fürstentümern, die ständig mit militärischen und politischen Niederlagen zu kämpfen haben, nach Freiheit sehnen – politisch, religiös und bewegungstechnisch – und sich als ähnlich unterdrückt und unterlegen empfinden wie die Native Americans durch die weißen Kolonialisten. Selbst die Deutschen, die in Massen nach Nordamerika auswandern, sehen sich dort von den englischen und französischen Machthabern weiterhin unterdrückt (während sie den Native Americans aber genauso das Land wegnehmen). Und Hitler? Hitler empfahl den ganz und gar nicht „arischen“ Winnetou als Vorbild eines guten Kompaniechefs.
Dass es sich bei all dem in den meisten Fällen um reine Projektion handelt und nicht um wirkliche Identifizierung mit wirklichen Menschen, ist sonnenklar.
Dazu kommt, dass diese Art Literatur und Filme auch nur funktionieren, wenn Weiße und Native Americans sich gegenüberstehen, meist als Feinde, manchmal auch als Freunde oder zumindest so etwas Ähnliches, wie bei Old Shatterhand und Winnetou. Aber der „Weiße Mann“ spiegelt sich immer im „Wilden“ und feiert seine eigene überlegene Kultur und Zivilisation. Nie geht es in diesen Geschichten allein um die Lebenswirklichkeit der Native Americans, auch nicht vor dem Zeitpunkt, als sie von Columbus „entdeckt“ und überhaupt erst als „Indianer“ bezeichnet wurden. Obwohl all die heterogenen, geografisch verteilten Gruppen und Stämme sich wohl selbst nie als eine Einheit bezeichnet hätten.
Liselotte will es anders machen
Von Karl May war schon die junge Liselotte nicht begeistert (obwohl sie bestimmt viel erwartet hatte, wo sie ihn doch heimlich lesen musste). Old Shatterhand war ihr zu übertrieben gezeichnet, und sie war überzeugt, dass ein Apache-Chief sich niemals so verhalten hätte wie Winnetou.
Sie will aus den Konventionen des Genres ausbrechen, statt eines Abenteuerromans einen historischen Gesellschaftsroman schreiben, und zwar tatsächlich aus Sicht der Native Americans. Löblich. Auch bei ihr gibt es immer Weiße dazu, aber dennoch ein Fortschritt. Als Wissenschaftlerin weiß sie, wie man recherchiert, zieht ethnologische Schriften hinzu und Autobiografien von Native Americans. Gerade wenn es um kulturelle Eigenschaften wie Tänze, Sitten und Namen geht, hält sie sich eng an die Quellen.
Dazu kommt bei ihr noch die sozialistische Ideologie, eine weitere Art der Identifizierung: Die sozialistischen Staaten werden vom Kapitalismus und Christentum unterdrückt, ganz so wie die Native Americans von der US-amerikanischen und kanadischen Regierung. (Winnetou übrigens wurde von einem deutschen Lehrer erzogen und konvertiert vor seinem Tod noch zum Christentum, während ein Männerchor ihm ein Ave Maria singt. Er opfert sich nicht für sein eigenes Volk, sondern für die Weißen. Kein Wunder, dass Liselotte nicht überzeugt war.)
Die Söhne der großen Bärin
Ihr erster Romanzyklus heißt Die Söhne der großen Bärin. Im Jahr 1951 gelingt es Liselotte Welskopf-Henrich, den ersten Band beim Altberliner Verlag zu veröffentlichen. Ihre Lektorin Lucie Groszer wird ihr eine enge Vertraute. Die erste Auflage von 15.000 Exemplaren wird sofort verkauft, nach zehn Jahren sind 200.000 verkauft, heute um die 3,5 Millionen. Dazu kommen verschiedene Übersetzungen, allerdings nicht ins Englische. Sie erhält einen Jugendbuchpreis sowie jede Menge Fanpost und Fanfiction.
Verfilmt wird Die Söhne der großen Bärin im Jahr 1966 von der ostdeutschen Filmgesellschaft DEFA. Wie bei den Winnetou-Filmen wird in Jugoslawien gedreht und die Hauptfigur von Gojko Mitic gespielt, der auch schon bei den Karl-May-Filmen dabei war. Allein in der DDR werden zehn Millionen Mark eingespielt. Allerdings hat Liselotte Welskopf-Henrich ihren Namen als Drehbuchautorin zurückgezogen, weil ihr der Film zu kommerzialisiert und stereotyp schien. Da gab es Indianer mit blauen Augen und falschen Perücken sowie einen Badesteg in einem Indianerdorf. Unfasslich, meinte sie und führte einmal, halb scherzend, ihr Gallenleiden auf ihren Ärger mit diesem Film zurück.
Reisen in die USA und nach Kanada
Weil Liselotte Welskopf-Henrich so gut angesehen ist, bekommt sie wiederholt die Erlaubnis zum Reisen. Sie macht Urlaub in Österreich, Italien und Portugal. Aber am wichtigsten für sie werden die Aufenthalte in den USA und Kanada. Zwischen 1963 und 1974 ist sie fünfmal da. Sie besucht die Teton-Sioux bzw. die Lakota, von denen ihre Söhne handeln, und wird mit ihrer offenen Art freundlich aufgenommen, bald sogar zu Feiern eingeladen. Sie besucht verschiedene Reservate, Kulturzenten, Bibliotheken und Museen.
Was jeder Besucherin sofort auffallen muss, sind die schlechten Zustände in den Reservaten. Reservate, so schreibt Peter Schwarzbauer in Der Lakota-Report, seien ein lebendiges Museum für Krankheiten, die es sonst in Amerika nicht mehr gäbe. Die US-Regierung zwingt die Native Americans, dort zu leben, weist ihnen aber die kärgsten Landstriche zu, versorgt sie oft nicht ausreichend mit Lebensmitteln, Gesundheitsvorsorge ist ein Fremdwort, und Schulen sind, wenn überhaupt vorhanden, eine Katastrophe. Die Kinder werden gezwungen, ihre eigene Sprache aufzugeben, und immer wieder verprügelt. Dazu kommt die hohe Arbeitslosigkeit und das Elend in den Familien selbst (das Jahreseinkommen beträgt nur ein Viertel des nationalen Durchschnitts), sodass sich die meisten Jugendlichen fragen, warum sie überhaupt zur Schule gehen sollen.
Gerade die Bildung und Erziehung der Reservatbewohner:innen macht Liselotte Welskopf-Henrich sich zur Herzensaufgabe. Zurück in der DDR gibt sie Fernsehinterviews und schreibt kurze Artikel, um ihre Mitbürger:innen aufzufordern, für die Native Americans zu spenden, Pakete zu schicken oder sogar, falls sie können, selbst hinzufahren und sie vor Ort zu unterstützen.
Kontakt mit dem American Indian Movement
Und das macht sie auch selbst. Sie protestiert mit ihren Bekannten friedlich vor einem Kino, als dort ein rassistischer Western gezeigt wird. Doch sie kommt auch mit Teilen einer Bewegung in Kontakt, die nicht allein auf gewaltfreien Protest setzen. Das American Indian Movement (AIM) kämpft für die Souveränität der Native Americans und wird immer militanter. Im Pine-Ridge-Reservat kommt es zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen, als der Stammesvorstand Richard Wilson noch brutalere Methoden und einen Schlägertrupp einsetzt. Es kommt zu zahlreichen Todesfällen. Als Liselotte Welskopf-Henrich 1974 an einer Gedenkfeier für einen erschossenen Freund teilnimmt und sie danach nach Hause fahren, geht ihnen das Benzin aus, und sie haben große Angst, ebenfalls auf offener Straße erschossen zu werden. Zum Glück geht es gut.
Schon 1969 besetzte das AIM für achtzehn Monate die Insel Alcatraz und das ehemalige Gefängnis dort. Liselotte Welskopf-Henrich half, die Besetzer:innen mit Wasser zu versorgen. In einer Proklamation mit einer gehörigen Portion Ironie veröffentlichen sie ihre Forderungen:
Wir, die Ureinwohner Amerikas, fordern im Namen aller Indianer … das Land zurück, das unter dem Namen Alcatraz bekannt ist. Wir … bieten hiermit folgenden Vertrag an:
Wir erwerben die Insel Alcatraz für 24 Dollar in Glasperlen und rotem Tuch, nach dem Vorbild des Kaufes einer ähnlichen Insel durch den weißen Mann vor rund 300 Jahren. Wir wissen, dass 24 Dollar in Handelswaren für diese 16 Morgen mehr ist, als für die Insel Manhattan bei ihrem Verkauf bezahlt worden ist, aber wir wissen, dass die Preise für Land im Laufe der Jahre gestiegen sind. Unser Angebot von 24 Dollar ist besser als die 47 Cent pro Morgen, die weiße Männer den kalifornischen Indianern gegenwärtig für ihr Land zahlen. Wir werden den Bewohnern dieses Landes einen Teil davon zu ihrem eigenen Gebrauch überlassen, den die indianische Regierung durch die »Behörde für weiße Angelegenheiten« treuhänderisch verwalten lassen wird; solange die Sonne aufgeht und die Flüsse ins Meer fließen. Weiterhin werden wir die Bewohner in der richtigen Art der Lebensführung unterweisen. Wir werden ihnen unsere Religion, unsere Bildung und unseren Lebensstil vermitteln, damit sie den Stand unserer Zivilisation erreichen und wir sie und alle ihre weißen Brüder aus ihrem wilden und unglücklichen Dasein befreien können. …
Wir glauben, dass sich diese Insel mit dem Namen Alcatraz für diese Zwecke bestens eignet, denn sie entspricht den Standards des weißen Mannes für eine Indianerreservation …:
1. Es existieren keine Anbindung an die moderne Infrastruktur und keine Transportmittel.
2. Es gibt kein frisches, fließendes Wasser.
3. Die sanitären Einrichtungen sind unzureichend.
4. Es gibt keine Bohr- oder Schürfrechte für Öl oder Erze.
5. Es ist keine Industrie vorhanden und daher ist die Arbeitslosigkeit sehr hoch.
6. Es gibt keine Gesundheitseinrichtungen.
7. Die Erde ist felsig und unfruchtbar; der Boden ernährt kein Wild.
8. Es existieren keine Bildungseinrichtungen.
9. Die Bevölkerung war für das ihr zur Verfügung stehende Land schon immer zu groß.
10. Die Einwohner wurden immer wie Gefangene behandelt und in Abhängigkeit gehalten.
Darüber hinaus wäre es passend und symbolhaft, wenn Schiffe aus der ganzen Welt, die in das Golden Gate einfahren, zuerst indianisches Land sehen und so an die wahre Geschichte dieser Nation erinnert würden. Diese kleine Insel wäre ein Symbol für die großen Gebiete, die einst von freien und edlen Indianern beherrscht wurden …
Aus all diesen Gründen fordern wir diese Insel für unsere indianischen Nationen zurück. Wir glauben, diese Forderung ist gerecht und angemessen, und dass uns dieses Land überlassen werden sollte, solange die Flüsse fließen und die Sonne scheint.
Zitiert in Erik Lorenz: Liselotte Welskopf-Henrich und die Indianer
Erfolgreich ist die Besetzung nicht, aber zumindest wird die Insel friedlich geräumt.
Old Lady from Germany
Das AIM weiß den Einsatz der „Old Lady from Germany“ zu schätzen, die nicht nur selbst so aktiv ist, sondern auch andere dazu inspiriert, aktiv zu werden. Vernon Bellecourt und Dennis Banks, zwei Mitglieder des AIM, kommen sie sogar einmal in Deutschland besuchen (und haben Angst vor ihren Schäferhunden).
Manche ihrer Leser:innen vermuten, Liselotte Welskopf-Henrich ließe sich von der DDR-Regierung und ihrer Außenpolitik einspannen, um Propaganda gegen den kapitalistischen Westen zu machen. Ihre Stasi-Akte lässt darauf allerdings keine Rückschlüsse zu.
1965 wird sie zum Ehrenmitglied der Sioux ernannt und erhält den Namen Lakota Tashina oder Schutzdecke der Lakota.
Das Blut des Adlers
Inspiriert von ihren Aufenthalten auf den Reservaten und mit dem Wunsch, die Lebenswirklichkeit der Native Americans zu zeigen, schreibt Liselotte Welskopf-Henrich ihren zweiten wichtigen Romanzyklus: Das Blut des Adlers. Sie möchte noch weiter weg von den Konventionen des Genres, von Abenteuern, Federschmuck, Mustangherden auf der Prärie und „Edlen Wilden“. Sie beschreibt stattdessen das Leben in Baracken und wie die Native Americans sich mit Bürokratie und Marginalisierung herumschlagen müssen. Literarisch gesehen ist diese Reihe das Beste, was Liselotte Welskopf-Henrich je geschrieben hat. Und trotz anfänglicher Skepsis der Leserschaft wird auch sie zu einem großen Erfolg. Sie arbeitet daran praktisch bis zu ihrem Tod.
Alles erreicht?
In ihren letzten Lebensjahren ist Liselotte Welskopf-Henrich oft krank. Dazwischen arbeitet sie jedoch umso härter, damit ein geplantes siebenbändiges wissenschaftliches Werk noch publiziert werden kann. Ihre letzten Veröffentlichungen bekommt sie aber tatsächlich nicht mehr mit, als sie im Juni 1979 bei einem Urlaub in Garmisch-Patenkirchen verstirbt, nur wenige Monate nach ihrem Mann Rudolf.
Die Akademie der Wissenschaften organisiert eine große Trauerfeier. Es werden Nachrufe über sie geschrieben, unter anderem in der Jungen Welt. Ihr Sohn Rudolf kümmert sich um den Nachlass.
Man kann sagen, dass Liselotte Welskopf-Henrich all das erreicht hat, was sie sich als Kind vorgenommen hatte: Sie ist Althistorikerin und Schriftstellerin geworden. Dazu war sie den Native Americans das, was wir heute als Ally oder Advocate bezeichnen würden.
Dennoch ist sie schnell in Vergessenheit geraten. Erst ab den 2000er Jahren versucht man, der Öffentlichkeit ihre Werke in neuen Editionen wieder zugänglich zu machen, wozu vor allem der Palisander-Verlag aus Chemnitz einen großen Beitrag leistet. Dankenswerterweise hat er mir auch die Biografie von Erik Lorenz zur Verfügung gestellt.
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Lesetipp: Es gibt inzwischen zum Glück auch Native Americans, die über ihre eigenen Erfahrungen und Familiengeschichten schreiben und veröffentlichen (dürfen). Dazu gehört die großartige Louise Erdrich, zum Beispiel mit Solange du lebst und Das Haus des Windes. Außerdem erwähnenswert ist Angeline Boulley mit Firekeeper’s Daughter.
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Stöbertipp: das LWH-Projekt.
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Quellen:
Colin G. Calloway et al.: Germans and Indians. Fantasies, Encounters, Projections, University of Nebraska Press 2002.
Erik Lorenz: Liselotte Welskopf-Henrich und die Indianer, Palisander Verlag 2021.
Hans Peter Richter (Hrsg.): Schriftsteller erzählen von ihrer Mutter, St. Gabriel Verlag 1968.
Petra Watzke: „East Germany’s Imaginary Indians: Liselotte Welskopf-Henrich’s Harka Cycle (1951–62) and Its DEFA Adaptation Die Söhne der Großen Bärin (1966)“, in: Robert B. McFarland und Michelle Stott James: Sophie discovers Amerika: German-speaking women write the new world, Boydell & Brewer 2014.