12. Dezember 2017

Auch ein Brontifehrer?

– Pauline Clarke: Die Zwölf vom Dachboden –

Ein neuer Pfarrer kommt nach Haworth, und der achtjährige Oliver überhört, wie seine Eltern sagen, dieser Mr. Shaffer sei ein Brontifehrer … Ist das ein Dinosaurier? Aber nein, klärt sein großer Bruder ihn auf, er habe es nur nicht richtig verstanden: Der Pfarrer sei ein Brontë-Verehrer!

Diese Szene stammt aus dem Kinderbuch Die Zwölf vom Dachboden von Pauline Clarke. Ich musste daran denken, als ich am Wochenende das nicht ganz überzeugende The Madwoman Upstairs von Catherine Lowell gelesen habe – vermutlich einer von unzähligen Romanen, die sich mit den Brontë-Schwestern beschäftigen. Nicht nur Mr. Shaffer ist ein Brontifehrer.

Die Zwölf vom Dachboden habe ich als Familienerbstück (sind das nicht die besten Bücher?) von meiner Mutter bekommen. Die Ausgabe ist von 1967 und riecht ganz verstaubt.

Oliver findet im neuen Haus der Familie einen Satz von Spielzeugsoldaten, die schon bald zum Leben erwachen und den Jungen als ihren Dschinn begrüßen. Nach und nach stellt sich heraus, dass diese Holzsoldaten früher den Brontës gehört haben und diese sich als Kinder zahllose Geschichten zu Butterstürzer, Stumps und den zehn anderen ausgedacht haben, die die „Jungen Männer“ noch immer kennen und nachspielen. Damit sie nicht von den Erwachsenen verkauft werden, helfen Oliver und seine zwei Geschwister ihnen, den Weg zurück ins Haus der Brontës zu finden, wo sie sich zu Hause fühlen und weitere Abenteuer erleben können.

Mir gefiel die Geschichte damals so gut, dass ich auch einmal etwas von den Brontës lesen wollte. Allerdings muss ich schon etwas älter als die eigentliche Zielgruppe der Zwölf vom Dachboden gewesen sein, denn ich lieh mir Jane Eyre von Charlotte Brontë gleich auf Englisch aus. (Dieses Buch hatte einen knallroten Einband, roch ebenfalls verstaubt und nach diesem typischen Bibliotheksklebstoff, den ich gern als Parfum hätte.) Ich weiß aber auch noch, dass mein Schulenglisch noch ziemlich schlecht war, ich längst nicht alles verstand und mir die Verrückte auf dem Dachboden deshalb doppelt Angst machte. Doch die schlimme Kindheit der armen Jane und die Liebesgeschichte mit dem düsteren Mr. Rochester hat mich vermutlich ebenso mitgenommen und begeistert wie alle anderen Teenager und junge Frauen. Dass auch die anderen Romane von Charlotte und ihren Schwestern den Weg in meinen Bücherschrank fanden, muss ich wohl kaum erwähnen.

Olivers Schwester Jane übrigens findet, dass der neue Pfarrer Mr. Shaffer unübersehbar Ähnlichkeit mit Mr. Rochester hat. Heimlich nennt sie ihn sogar so. Zum Glück ist er aber deutlich netter als der grummelige Stoffel und hilft den drei Kindern sogar, die Soldaten in Sicherheit zu bringen. Und deshalb spuken sie wahrscheinlich auch heute noch im Brontë-Museum in Haworth herum. Wo ich übrigens unbedingt mal hin will.

Pauline Clarke: Die Zwölf vom Dachboden, Cecilie Dressler Verlag 1967. Übersetzt von Sybil Gräfin Schönfeldt. Es gibt neuere Ausgaben von Oetinger und der ZEIT-Kinder-Edition.