Stagnelius
Bei der Lektüre von Nachdichten musste ich an einen meiner seltenen Versuche denken, selbst Lyrik zu übersetzen. 2013 hatte die schwedische Botschaft Wien „mit Hilfe der Botschaften Berlin und Bern einen Übersetzerwettbewerb ausgeschrieben, der sich an alle Skandinavistik-StudentInnen der deutschsprachigen Welt richtete. Aufgabe war, ein Gedicht des schwedischen Dichters Erik Johan Stagnelius mit Metaphern und Sprache der heutigen Zeit zu übersetzen. Die beiden Hauptgewinne waren eine Reise nach Stockholm zur Nobelvorlesung.“
2013 gewann Alice Munro den Nobelpreis für Literatur, war aber leider krank, sodass sie nicht selbst nach Schweden reisen konnte. Es wurde ein Video ausgestrahlt, und ihre Tochter war gekommen, um den Preis entgegenzunehmen. Ihre Rührung zu sehen, war auch ein schönes Erlebnis. Und in diesem goldglitzernden Saal zu sitzen und zu wissen, was eine Tradition hinter der Veranstaltung steckte, war beeindruckend. Und dann ist Stockholm ja so wunderschön, und auf Weg zurück ins Hotel schneite es auch noch …
Jedenfalls ist das hier das Gedicht „Till förruttnelsen“ von Erik Johan Stagnelius (1793–1823):
Till förruttnelsen
Förruttnelse, hasta, o älskade brud,
att bädda vårt ensliga läger!
Förskjuten av världen, förskjuten av Gud,
blott dig till förhoppning jag äger.
Fort, smycka vår kammar — på svartklädda båren
den suckande älskarn din boning skall nå.
Fort, tillred vår brudsäng — med nejlikor våren
kall henne beså.
Slut ömt i ditt sköte min smäktande kropp,
förkväv i ditt famntag min smärta!
I maskar lös tanken och känslorna opp,
i aska mitt brinnande hjärta.
Rik är du, o flicka! — i hemgift du giver
den stora, den grönskande jorden åt mig.
Jag plågas häruppe, men lycklig jag bliver
därnere hos dig.
Till vällustens ljuva, förtrollande kvalm
oss svartklädda brudsvenner följa.
Vår bröllopssång ringes av klockornas malm,
och gröna gardiner oss dölja.
När stormarna ute på världshavet råda,
när fasor den blodade jorden bebo,
när fejderna rasa, vi slumra dock båda
i gyllene ro.
Für die Übersetzung bin ich tagelang mit dem Rhythmus des Gedichts im Kopf durch die Gegend gelaufen. Hier ist das Ergebnis, für das ich einen der beiden Hauptgewinne bekommen habe:
An die Verwesung
Verwesung beeil dich geliebteste Braut
Ein einsames Lager zu richten
Von Menschen verachtet mit Gott nicht vertraut
Doch Hoffnung lässt sich nie vernichten
Schnell schmück unsre Kammer: auf tiefschwarzer Trage
soll seufzend dem Heim der Geliebte sich nähern
Schnell richte das Brautbett uns her: Frühlingstage
solln Nelken drauf säen
Den hungernden Körper leg ich in dein‘ Schoß
Ersticke dort sanft meine Schmerzen
Lass Maden mein Denken und Fühlen verzehrn
Aus Feuer wird Asche im Herzen
Bist reich: bringst – mein Liebling – als Mitgift die Fülle
der großen und blühenden Erde zu mir
Ich leide hier oben: find Glück und Idylle
nur unten bei dir
Anmutig bezaubernde schwülwarme Gier
Folgt hungrig den trauernden Mienen
Die Glocke aus Erz tönt die Festmelodie
Wir schließen die grünen Gardinen
Ob Stürme die Meere aufpeitschen und strafen
ob Grauen die Erde entzwei brechen will
Ob Kriege vernichten: wir schlummern wir schlafen
ganz golden ganz still